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Fragen & Antworten
Blindheit und Sehbehinderung sind komplexe Themen, zu denen anfangs immer wieder gleiche oder ähnliche Fragen auftauchen. Die häufigsten und ihre Antworten haben wir hier für Sie zusammengestellt.
Diese Liste gibt Ihnen einen ersten Überblick. Natürlich beantwortet jeder Blinde und Sehbehinderte ihm gestellte Fragen individuell nach seinen Erfahrungen und Erkenntnissen. Wenn Sie weitere Fragen haben, nehmen Sie einfach Kontakt zu uns auf, wir helfen Ihnen gern.
- Können Blinde Farben erkennen?
- Blindsein heißt gar nichts sehen – oder gibt es auch Blinde, die etwas sehen können?
- Sehgeschädigt? Ab welcher Beeinträchtigung gilt man als sehgeschädigt?
- Welche Sportarten können Blinde ausüben?
- Auto- und Radfahren – wie funktioniert das?
- Kann ich Blinden beim Überqueren der Straße helfen?
- Können Blinde im Internet surfen?
- Wie viele Blinde und Sehbehinderte gibt es in Niedersachsen und in der Bundesrepublik Deutschland?
- Können Blinde fernsehen?
- Wie wird man blind?
- Wie orientiert man sich in der Umwelt?
- Wie träumt ein Blinder?
- Wie stellt sich ein Blinder die Welt vor?
- Welche Ängste haben Blinde?
- Darf man das Wort “Sehen” in verschiedenen Variationen gegenüber Blinden führen?
1. Können Blinde Farben erkennen?
Geburtsblinde Menschen kennen keine Farben. Sie versuchen Vergleiche zu spürbaren Gegenständen herzustellen, z.B. Rot = Feuer, Blau = Wasser. Neuerblindete behalten das farbliche Vorstellungsvermögen.
Zur Farberkennung gibt es elektronische Hilfsmittel, z.B. den Color-Tester. Das Gerät ist ein batteriebetriebener Miniaturtastkopf, der mehr als 30 Farben erkennen und über einen eingebauten Sprachsynthesizer ausgeben kann. Sein künstliches Auge erkennt das gesamte Spektrum der Farben und gibt sie in 150 Nuancen wieder.
2. Blindsein heißt gar nichts sehen – oder gibt es auch Blinde, die etwas sehen können?
Nach den gesetzlichen Bestimmungen liegt Blindheit nicht nur dann vor, wenn man überhaupt nichts mehr sieht. Als blind bezeichnet man auch Personen, deren Sehvermögen auf dem besseren Auge trotz Korrektur nicht mehr als 2% (1/50) beträgt oder deren Gesichtsfeld sehr stark (auf 5 Grad oder weniger) eingeschränkt ist.
3. Sehgeschädigt? Ab welcher Beeinträchtigung gilt man als sehgeschädigt?
Als hochgradig sehgeschädigt gilt, wer auf dem besseren Auge trotz Korrektur nicht mehr als 5% (1/20) sieht.
4. Welche Sportarten können Blinde ausüben?
Nahezu alle. Mit besonderen Hilfsmitteln, wie z.B. akustische Bälle (Goalball) üben Blinde und Sehbehinderte in verschiedenen regionalen Gruppen erfolgreich die unterschiedlichsten Sportarten aus. Hierzu zählen das blindengerechte Kegeln, Skat- und Schachturniere, gemeinsame Tandemtouren, Segeln, Schießen und Trampolinspringen. Seit der WM 2006 hat sich in Deutschland eine rege Blindenfußballszene entwickelt – mit eigener Bundesliga. Auch in Niedersachsen haben sich erste Teams gegründet.
5. Auto- und Radfahren – wie funktioniert das?
Autofahren ist nur im Fahrschulwagen mit Lehrer möglich und nur auf zuvor genehmigtem Gelände, in den allermeisten Fällen auf Flugplätzen. Der Fahrschullehrer gibt Fahranweisungen (schneller, langsamer, rechts, links) und kann notfalls in das Geschehen eingreifen.
Radfahren ist mit einem Tandem möglich, wobei der Blinde oder Sehbehinderte auf dem hinteren Sattel Platz nimmt. Gesteuert wird das Tandem von einem Sehenden, dem Piloten.
6. Kann ich Blinden beim Überqueren der Straße helfen?
Haben Sie als Fußgänger den Eindruck, ein Blinder oder Sehbehinderter komme allein nicht mehr zurecht, dann sprechen Sie ihn freundlich an, ob er Ihre Hilfe benötigt.
7. Können Blinde im Internet surfen?
Ja. Für Blinde und Sehbehinderte gibt es eine Vielzahl technischer Hilfsmittel (Vorlesegeräte, vergrößernde Sehhilfen, Braillezeilen, Sprachausgaben), die es ermöglichen, einen Computer zu benutzen und somit auch im Internet zu surfen. Darüber hinaus sollten alle Internetseiten barrierefrei sein. Das Ziel ist leider noch nicht erreicht.
8. Wie viele Blinde und Sehbehinderte gibt es in Niedersachsen und in der Bundesrepublik Deutschland?
In der Bundesrepublik gibt es über 155.000 blinde Menschen und ca. 500.000 Sehbehinderte. Davon leben ca. 12.000 Blinde und ca. 35.000 Sehbehinderte in Niedersachsen. Jedes Jahr erblinden ca. 28.000 Menschen.
9. Können Blinde fernsehen?
Filme ohne Bilder, das ist der Alltag für Blinde und Sehbehinderte. 80% der blinden und sehbehinderten Menschen nutzen Fernsehen als Informations- und Unterhaltungsmedium. Bei Spielfilmen ist es oft schwierig, der Handlung zu folgen. Dann sind erklärende Hinweise notwendig, die beschreiben, was im Bild vor sich geht.
Diese Beschreibung heißt Audiodeskription. Kurze, knappe und prägnante Texte werden im Tonstudio mit dem Originalton abgestimmt und auf die zweite Tonspur des Sendebandes gebracht. Die Filme mit zusätzlicher akustischer Bildbeschreibung heißen Hörfilme. Sie werden im Zweikanalton-System ausgestrahlt. Auf Kanal 1 ist der reguläre Filmton zu hören und auf Kanal 2 der Filmton mit zusätzlicher Beschreibung (Audiodeskription).
Für den Empfang eines Hörfilmes ist ein Stereofernseher oder Stereovideorecorder erforderlich, bei Monoausstrahlungen der Sendeanstalten fällt für Blinde die Audiodeskription weg.
10. Wie wird man blind?
Die Ursachen für eine Erblindung sind sehr unterschiedlich. Es gibt Geburtsblinde z.B. durch eine Rötelerkrankung der Mutter während der Schwangerschaft. Eine Vielzahl der Menschen erblinden im Alter, z.B. durch Diabetes, die Altersbedingte Makuladegeneration oder den Grünen Star (Glaukom).
11. Wie orientiert man sich in der Umwelt?
Um einen Weg allein beschreiten zu können, benötigen blinde Menschen eine intensive Schulung in Orientierung und Mobilität mit dem Blindenlangstock. Dennoch gibt es immer wieder Unfälle durch mangelhafte Absicherung z.B. von Baustellen, fehlende Markierung an Treppenstufen oder das Fehlen von akustischen und taktilen Signalen an Ampelanlagen.
12. Wie träumt ein Blinder?
Jeder Mensch hat Träume, so auch blinde Menschen. Neuerblindete Menschen haben auch bildhafte Träume, die durch Ihre frühere visuelle Wahrnehmung entstehen.
13. Wie stellt sich ein Blinder die Welt vor?
Geburtsblinde können sich die Welt sehr schwer vorstellen. Es gibt Hilfsmittel zur räumlichen Vorstellung, so auch beschriftete Reliefgloben. Die blinden Menschen ertasten die unterschiedliche Beschaffenheit des Reliefs.
14. Welche Ängste haben Blinde?
Der völlige und teilweise Verlust des Sehvermögens wirkt sich in erster Linie als gravierende Einschränkung im Berufsleben, bei der Information, bei der Mobilität und bei der Kommunikation aus. Das führt zu konkreten Benachteiligungen der betroffenen Menschen in vielen Lebensbereichen.
In vielen Fällen zieht die Erblindung z.B. den Verlust des bisherigen Arbeitsplatzes nach sich, einhergehend mit der Sorge, nicht mehr gebraucht zu werden. Die damit verbundene Minderung gesellschaftlichen Ansehens und die Gefahr der Vereinsamung werden zusätzlich als Ausgrenzung erlebt. Die völlige Veränderung der bisherigen Lebenssituation und die notwendige Neuorientierung erscheinen zunächst unüberwindbar. Hinzu kommt die seelische Belastung der Betroffenen und der ihm verbundenen Menschen/Angehörigen.
Ohne kompetente Beratung, Hilfsmaßnahmen und Unterstützungsangebote ist eine erfolgreiche Integration nicht zu leisten.
15. Darf man das Wort “Sehen” in verschiedenen Variationen gegenüber Blinden führen?
Das Wort "Sehen" kann man schon in der gängigen Sprache benutzen, wie z.B. Wiedersehen. Verfremdet man die Worte, fühlen sich die Betroffenen oft ausgegrenzt.