Niedersachsen stärkt Barrierefreiheit im digitalen Raum #113/2022
Liebe Leserinnen, liebe Leser,
uns erreichte folgende Pressemitteilung des Niedersächsischen Ministeriums für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung zur Schlichtungsstelle zur digitalen Barrierefreiheit öffentlicher Stellen.
Niedersachsen stärkt Barrierefreiheit im digitalen Raum
Friederike Knust ist neue Leiterin der Schlichtungsstelle zur digitalen Barrierefreiheit öffentlicher Stellen
Digitale Medien sind aus unserem Alltag nicht mehr wegzudenken. Menschen mit Behinderungen stoßen bei der Nutzung jedoch auf vielfältige Probleme. Ein Beispiel sind sogenannte Captchas, also Bilder, bei denen man durch Auswahl bestimmter Motive bestätigen soll, dass hier ein Mensch vor dem Computer sitzt. Sie sind für sehbehinderte Personen oft nur schwer zu erkennen und können zur unüberwindbaren Barriere werden.
Handelt es sich dabei um Internetseiten öffentlicher Stellen, können Nutzerinnen und Nutzer die Schlichtungsstelle zur digitalen Barrierefreiheit kontaktieren. Die Schlichtungsstelle im Sozialministerium soll dazu beitragen, mehr Gleichstellung und mehr „Barrierearmut“ im Internet zu erreichen. Jetzt hat die Schlichtungsstelle eine neue Leiterin. Friederike Knust, Juristin aus Uelzen, ist ab sofort Ansprechpartnerin bei Problemen mit digitalen Angeboten von Behörden und Kommunen.
Da das Thema der digitalen Barrierefreiheit immer mehr an Bedeutung gewinnt, rechnet die neue Leiterin damit, dass die Anfragen hierzu weiter zunehmen werden. „Barrierefreiheit ist keine ´nette Geste´“, sagt Friederike Knust. „Das Niedersächsische Behindertengleichstellungsgesetz schreibt in Paragraph 9a vor, dass alle öffentlichen Stellen im Land ihre Internetseiten und mobilen Anwendungen barrierefrei gestalten müssen. Geschieht dies nicht, können sich die Betroffenen an uns wenden.“ Wenn ein entsprechender Hinweis an die öffentliche Stelle nicht zum Erfolg führt, kann auf Antrag der betroffenen Person ein Schlichtungsverfahren eingeleitet werden. Die Behörde oder Kommune wird angeschrieben und um Stellungnahme gebeten. Sollte die Barriere auch dann nicht beseitigt werden, führen zwei unabhängige Schlichtungspersonen ein Schlichtungsverfahren durch.
Zum Hintergrund:
Die Schlichtungsstelle existiert seit 2019 und ist angesiedelt im Büro der Landesbeauftragten für Menschen mit Behinderungen. In Niedersachsen sind derzeit vier Schlichtungsverfahren anhängig. Die Verfahren sind für die Nutzerinnen und Nutzer kostenlos. Es muss kein Rechtsbeistand eingeschaltet werden. Die bisherige Leiterin Femke Skupin, die den Aufbau der Schlichtungsstelle maßgeblich begleitet hat, hat neue Aufgaben im Ministerium übernommen.
Zusätzlich gibt es im Sozialministerium eine Überwachungsstelle, die von sich aus Webseiten öffentlicher Stellen in Sachen Barrierefreiheit kontrolliert und diesen Anbietern beratend zur Seite steht.
Die Schlichtungsstelle ist per E-Mail unter:
schlichtungsstelle@ms.niedersachsen.de zu erreichen.
Weitere Infos unter:
www.ms.niedersachsen.de
Schlichtungsstelle konsequent nutzen
BVN-Mitglied Heiko Folkerts, der zu dem Thema gerade erst den Workshop „Konsequent Barrieren melden“ durchgeführt hat, unterstreicht die Bedeutung der Schlichtungsstelle. Bislang sei sie nicht besetzt gewesen und die Anträge seien liegengeblieben. Er habe dort mindestens zwei Schlichtungsverfahren offen, die hoffentlich nun bearbeitet würden. Und er unterstreicht, wie entscheidend die Stelle für das Melden von Barrieren ist:
„Sobald der Seitenbetreiber nicht von sich aus auf die Anfragen eingeht (was mir bislang noch nie passiert ist), landet man bei der Schlichtung. Um dem Thema genug Gewicht zu geben ist es notwendig, dass wir möglichst jede Barriere beim Seitenanbieter melden und bei Bedarf an die Schlichtung übergeben. Unsere Mitglieder müssen dabei überhaupt keine Experten in Sachen Digitalisierung oder Barrierefreiheit sein. Es würde ausreichen, wenn jeder, der im Internet unterwegs ist, sich mal auf der Seite seiner Gemeinde etc. umsieht. Sobald er irgendwo hängen bleibt, Dokumente, die ihn interessieren, nicht gut lesen kann, ist das ein Fall, bei dem man eine Barriere melden sollte. Nur so wird das Ausmaß der Misere deutlich.“
Jochen Bartling
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit